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Tipps für listige Manager
Freiburger Universitätsdozent veröffentlicht „36 Strategeme für Manager“
Die chinesische Strategemkunde repräsentiert den weltweit am höchsten entwickelten
Forschungsstand zum Thema List. Im Mittelpunkt der chinesischen Listforschung
steht die vor etwa 500 Jahren entstandene Abhandlung „Die 36 Strategeme:
Das geheime Buch der Kriegskunst“. Unter den „36 Strategemen“
sind 36 verschiedene Listtechniken zu verstehen. Sie sind alle benannt, weshalb
Chinesen im Gegensatz zu Europäern in der Lage sind, Listen genau zu identifizieren
und sie je nach Situation im Bedarfsfall als zusätzliche Problemlösungsmethode
überlegt einzusetzen.
Mehr als 50 Werke über die Anwendung der 36 Strategeme in Wirtschaft und Unternehmensführung
sind in den letzten Jahren in der Volksrepublik China und Taiwan erschienen.
Professor Harro von Senger, Orientalisches Seminar der Universität Freiburg,
Fachbereich Sinologie, hat nun in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Bernd Schauenberg
und Dr. Klaus Kammerer von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität
Freiburg das erste westliche Buch verfasst, in dem diese chinesische ökonomische
Strategemliteratur eigens für Manager ausgewertet wird: „36 Strategeme
für Manager“.
Im Hauptteil des Buches „Strategemschulung“ wird unter der Über-schrift
„Strategemradius die „Reichweite“ eines jeden Strategems angedeutet.
Dann folgen jeweils Hinweise zur „Strategempräven-tion“, zum „Strategemrisiko“
und abschliessend ein oder mehrere Beispiele der Anwendung des betreffenden
Strategems. So wird beispielsweise der deutsch-chinesische Transrapid-Handel
unter dem Gesichtspunkt des Strategem-Verknüpfung (Strategem Nr. 35) durchleuchtet.
Dank einer geschickten Verkettung der Strategeme Nr. 5 (Notnutzungs-Strategem),
Nr. 22 (Sackgassen-Strategem), Nr. 18 (Schaltstellen-Strategem), Nr. 12 (Kairos-Strategem),
Nr. 19 (Kraftentziehungs-Strategem) und Nr. 17 (Köder-Strategem) gelang der
chinesischen Seite ein glänzendes Geschäft, wogegen die deutsche Seite eher
das Nachsehen zu haben scheint.
Aber auch westliche wirtschaftliche Vorgänge lassen sich stratege-misch deuten.
Als Lee Iacocca 1979 den unmittelbar vor dem Ruin stehenden Chrysler-Konzern
übernahm und rigide Sparmassnahmen einleitete, reduzierte er sein eigenes Gehalt
auf die symbolische Höhe von einem US-Dollar – aus chinesischer Sicht
eine Anwendung des bei der Belegschaft einen Motivationsschub bewirkenden Selbstverletzungs-Strategems
Nr. 12 („Strategem des leidenden Fleisches“).
Demselben Strategem wird die Massnahme einer japanischen Versicherungsgesellschaft
zugeordnet, die eine grosse Zahl von Witwen zu Versicherungsagentinnen ausbildete.
Dank deren Einsatz erzielte die Firma enorme Gewinne. Die Witwen bewogen viele
Ehefrauen dazu, ihre Ehemänner zum Abschluss von Lebensver-sicherungen zu überreden.
Denn die Witwen, die von Haus zu Haus reisten, konnten auf ihr schlimmes Schicksal
hinweisen. Wenn ihr Gatte eine Lebensversicherung abgeschlossen hätte, müssten
sie sich nicht als Hausiererinnen durchschlagen.
Der Publikation vorausgegangen waren mehrere Seminare der Autoren über „List
in der Wirtschaft“. Darin wurden wirtschaftliche Fragen unter dem Gesichtspunkt
der chinesischen Strategemkunde betrachtet. Das Seminar erregte internationales
Aufsehen. Die Dozenten erhielten zahlreiche internationale Anfragen und auswär-tige
Studierende nahmen an einzelnen Lehrveranstaltungen teil.
Professor von Senger gilt als führender westlicher Strategemfor-scher. Nachdem
Band 1 seines alle 36 Strategeme umfassend einführenden zweibändigen Werkes
„Strategeme“ bereits in 13 Sprachen erschienen ist, kam Band 2 soeben
in türkischer und in russischer Sprache heraus. Die chinesische Ausgabe soll
noch dieses Jahr auf den Markt kommen.
Literatur: „36 Strategeme für Manager“, Verlag Carl Hanser, München,
August 2004
Internet: www.36strategeme.de
Kontakt:
Prof. Dr. Dr. Harro von Senger
Orientalisches Seminar – Sinologie
Tel.: 0761 / 203-3160
e-mail: vonsengerharro@bluewin.ch